Selbst.wirksamkeit #1

Unter Selbstwirksamkeit (self-efficacy beliefs) versteht die kognitive Psychologie die Überzeugung einer Person, auch schwierige Situationen und Herausforderungen aus eigener Kraft erfolgreich bewältigen zu können. Geprägt wurde der Begriff von dem amerikanischen Psychologen Albert Bandura. Eine wesentliche Erkenntnis Banduras war, dass Menschen meistens nur dann eine Handlung beginnen, wenn sie davon überzeugt sind, dass sie diese Handlung auch tatsächlich erfolgreich ausführen können. (aus Psychomeda.de)

Ich kaue auf diesen Worten herum – will sie in eine Form pressen, die auch ich verstehen und be.greifen kann. Ich habe mich in den letzten Monaten viel mit dieser Thematik beschäftig – einerseits, weil es Thema in unserer beruflichen Tätigkeit geworden ist und wir viel dazu referiert konnten. Andererseits aber auch, weil ichWir anfangen zu begreifen, dass wir NIE in unserer Entwicklung die Chance bekommen haben, uns als Selbstwirksam zu erleben. Und das es für uns ein Schlüssel zur Heilung [?] sein kann. Und mich diese Tatsache auch wütend und traurig macht.

Auch wenn es sich vielleicht wunderlich liest, fällt es mir immer noch schwer, mich als eine Person zu sehen, die komplex traumatisiert ist und damit einhergehend anzuerkennen, das andere Menschen gewaltvolle, schmerzhafte, lebendsbedrohliche Handlungen an mirUns ausgeführt haben. Und das diese Menschen wohl damals meinem direkten sozialen Umfeld angehörten. Es ist auch deshalb so schwer zu fassen, weil mir dazu nahezu alle eigenen Erinnerungen fehlen. Andererseits schreibe ich in diesem Blog, der kein Blog ist, in dem Kochrezepte ausgetauscht werden ( auch wenn ich das ganz erheiternd finden würde), und in dem auch Andere ( also nicht ich) von uns sich ausdrücken. Also wird wohl etwas dran sein an der Diagnose.

Für mich ist es immer leichter, mich schweren Themen über eigene kognitive Prozesse zu nähern. Ich möchte nicht „fühlen“ was komplex traumatisiert bedeutet, sondern lese lieber dazu einen neurobiologischen Fachartikel. Neulich stieß ich auf einen Artikel, der sich mit Traumaentstehtung und Selbstwirksamkeit beschäftigt hat:

Ein Kind kommt zunächst mit einer Vielzahl an Nervenzellen im Gehirn auf die Welt, die zu Beginn erst noch recht „locker“ untereinander verknüpft sind. Durch Erfahrungen ( sowohl positive, als auch negative) bilden sich dann im Laufe der kindlichen Entwicklung Bahnen aus, die durch ständige Wiederholung stabilisiert werden. Das Kind formt demnach mit den gemachten Erfahrungen aktiv sein Gehirn. WIE die späteren Hirnstrukturen aussehen, hat folglich mit der äußeren Situation zu tun, in der das Kind lebt und der es IMMER machtlos ausgeliefert ist. Erlebt es sich selbst schon sehr früh als Selbstwirksam, so wird diese Bahn bereits früh in ihm verankert. Erlebt es sich jedoch als ohnmächtig, ausgeliefert, schutzlos und alleine, so legt es die Bahn der Selbstwirksamkeit nicht oder nur in geringem Maße an. Zudem ist es problematisch, das Verschaltungsmuster im Hirnstamm und im Limbischen System bereits vorgeburtlich weitgehend ausgereift sind. Beide Bereiche sind für die Entwicklung und Verarbeitung von Ängsten verantwortlich. D.h. frühe Traumata bewirken insbesondere im Limbischen System eine tiefe, feste Bahnung von Verhaltensmustern, die nicht „einfach“ wieder gelöst werden können, da sie damals das Überleben der Person gesichert haben.

Gehe ich also davon aus, das wir eine komplex traumatisierte Person sind, dann fehlen uns frühkindliche Erfahrungsräume, in denen wir positive Beziehungserfahrungen sammeln konnten. Uns fehlt das Gefühl von Sicherheit und Halt und die Erfahrung, das wir Herausforderungen bewältigt haben. Demzufolge fehlen uns ( oder manchen von uns!) neuronale Bahnen, die zu einem selbstwirksamen Verhalten führen können. [ das Gedankenkarussel, dass sich sofort beginnt zu drehen, bei der Frage nach dem eignen SELBST innerhalb der Selbstwirksamkeit, möchte ich hier keinen Raum geben].

Wars das jetzt? Einmal komplex traumatisiert – immer traumatisiert? Die Frage ist nicht ganz so leicht zu beantworten. Fakt ist: neuronal angelegte Trauma-straßen können nicht „einfach so“ gelöscht werden. ABER: das menschliche Gehirnt ist extram plastisch und auch in seiner inneren Struktur durch später gemachte Erfahrungen veränderbar. Zeitlebens können die Trauma-straßen in einigen Netzwerken in ihrer Struktur verändert werden. Der am leichtesten formbare Teil des Gehirns ist das Vorderhirn, welches der Bereich des bewussten, kontrollierbaren Denkens ist. Grundlage dieser Veränderung sind neu gemachte Erfahrungen und daraus neu abgeleitete Selbstbilder, innere Haltungen und Selbstwirksamkeitskonzepte.

Etwas schwierig an diesen Veränderuneng ist, dass sie Zeit brauchen und das sie nur dann stattfinden können, wenn die Zentren, in denen sonst die Angst-Straßen ablaufen, nicht / wenig aktiv sind. Ich führ Uns habe daraus nun gelernt, dass es ok ist, wenn wir uns Zeit zum lernen geben und das es extrem wichtig ist, dass ichWir großen Wert darauf legen, dass unser Körper nicht von Stresshormonen überschwemmt wird. Das wir in Ruhe kommen. Das ist für mich der erste, kleine Schritt.

Ich würde mir wünschen, dass wir im Laufe der Zeit mehr noch lernen über Selbstwirksamkeit und wie wir sie für uns Alle umsetzen können. Da wir insgesamt recht unterschiedlich strukturiert sind, kann ich mir auch gut vorstellen, dass es für uns wichtig wäre, verschieden an das Thema heranzu gehen. Einige von uns werden wohl eher selber über direkt gemachte Erfahrungen lernen wollen – für Andere wäre es schon ein großer Schritt, die Selbstwirksamkeit an einer (Vorbild-) Person zu beobachten.

So oder so – wir machen uns auf den Weg und werden weiter berichten.

2#Körper

Als die Anzeige in ihre Auge stach dachte sie sofort, es sei eine gute Idee.

– 6 Wochen Fitnessstudio: 55€ – alles inklusive –

Sie greift nach dem Telefon und ein Einführungstermin ist ausgemacht. Vorfreude grinst aus ihrem Gesicht: endlich wieder bewegen können, Energie verbrennen, Geschicklichkeit steigern. Sie konnte nie verstehen, warum der Körper aufgehört hat, sich zu bewegen. Bewegung ist doch wie Atmen denkt sie und schließt dabei die Augen. Etwas strudelig ist ihr im Kopf – sie fühlt die Angst an ihren Augen pieksen. „Was macht ihr denn jetzt alle für einen Wirbel? Es geht doch nur im Bewegung„. Ein Nicken.

„Früher bin ich doch immer überall hin gelaufen“ denkt sie und überlegt, wann in ihrer Zeitrechnung das aufgehört hat. Und wann ihr der Körper abhanden gekommen ist. Die Arme und Beine – Hände und Füße – der Mund zum sprechen. So vieles Ungesprochen. Ich möchte mein Leben zurück. Ohne gefangen zu sein in diesem Berg aus Fleisch. [„Ecklig und unansehlich“ -“ so wie du bist“ – „mach dir nichts vor! Das ist dein Leben“] Ein Zischen.

Mit einer Wischbewegung schiebt sie die Stimme weg – verärgert. „Lasst mich mit dem Scheiß in Ruhe – es ist euer Kampf – nicht meiner“. Sie reißt die Anzeige aus – rotumkringelt – Termin notiert und heftet sie an die Pinnwand. Damit alle sie sehen können. Damit sie nicht vergessen werden kann. Denn was auf der Pinnwand notiert ist, ist wichtig. Sie ist wichtig.

Aufgeregt fährt sie zum Einführungstermin. Ganz verschwommen am Bewusstseinsrand wabernd nimmt sie die Anspannung wahr, die Angst vermessen zu werden. Die Angst aufzufallen. Die Angst nicht gut genug zu sein. Aber es ist nicht ihre Angst. Sie hat ihre eigene Aufregung, die eher Vorfreude ist. Eine Freude, sich endlich wieder spüren zu können – Arme und Beine zu bekommen. Ein Mensch zu werden. Alles inklusive.

Ko:rper

Therapeutin: „was machen Sie, wenn Sie sich etwas Gutes tuen wollen?“

wuuuuaaaah. was soll das? was redet die jetzt plötzlich für einen Mist? Kommt da so scheinheilig mit so einer einfachen Frage und tut so, als wenn ich diese Frage einfach so beantworten könnte! Das ist doch völliger Mist. Was heißt hier überhaupt „Gutes“? Das passt doch nicht zu mir.

„Gutes“ – das ist doch so etwas wie ein rosa Balettkostüm. oder rosa Zuckerwatte. Das ist süß und klebrig. Und es ist das, was von Außen ist. Das wird so dazugetan zu mir und ich werde dadrin verkleidet und damit zugeklebt. Die anderen kleben sich damit ein Bild über mich.

Ich habe kein Gefühl für meinen Körper denke ich. Der Körper ist immer anders. Er wird morgens wach und braucht Nahrung und Energie und Bewegung. Und er fordert. Fordert mich. Fordert mich heraus: „tu etwas – tu etwas Gutes für mich“.

Und ich schweige nur und schaue mich um. Schaue weg.Und gehe weg.